Sri Lanka Zwischen Fischern und Hoteliers

Ein kilometerlanger Sandstrand, Palmen, so weit das Auge reicht, dazwischen die kleinen einstöckigen Bungalows des Hotels. Das 5-Sterne-Resort Maalu Maalu in Passekudah im Nordosten Sri Lankas bietet wahrhaft traumhaften Urlaub. Kein Wunder, dass Studiosus-Gäste mit dieser Unterkunft sehr zufrieden waren. Und dieses Hotel sollte – neben anderen – den Fischern den Zugang zum Strand verwehren und keine lokalen Arbeitskräfte einstellen? Das waren die Vorwürfe, die 2015 in einer Studie über Tourismus und Menschenrechte in Sri Lanka von der Gesellschaft für bedrohte Völker formuliert worden waren.
Studiosus ging den Vorwürfen nach und führte im Februar 2016 ein „Forum der Bereisten“ durch. Ruth Hopfer-Kubsch, Referentin für soziale Verantwortung bei Studiosus, lud zum runden Tisch. Es kamen unter anderem der Manager des Hotels, Inhaber privater Gästehäuser, der Sprecher des nationalen Fischereiverbands sowie Vertreter der lokalen Fischereiverbände und einer staatlichen Tourismusschule in Passekudah. Ortsbegehungen und Diskussionen ergaben, dass die Vorwürfe der Gesellschaft für bedrohte Völker unzutreffend waren. Und so entschied Studiosus, das Hotel weiterhin zu nutzen.
Da im Verlauf des Forums aber Verbesserungsmöglichkeiten im Zusammenspiel zwischen Hotels, Fischern und Tourismusschule deutlich geworden waren, wollte Studiosus am Ball bleiben und organisierte Anfang Oktober 2017 ein Nachfolgeforum. Ruth Hopfer-Kubsch versammelte erneut rund 20 Teilnehmer an einem Tisch. Diesmal waren fast alle Manager der mittlerweile 14 Hotels in Passekudah dabei, außerdem wieder Vertreter der Gesellschaft der privaten Gästehäuser, der Fischereigewerkschaft und der lokalen Fischereiverbände, des staatlichen Instituts für Tourismus sowie eine Mitarbeiterin von Brot für die Welt/Tourism Watch und weitere Tourismusexperten.
Die Gespräche ergaben, dass das Studiosus-Forum von 2016 wichtige Impulse gegeben hatte. Hopfer-Kubsch: „Schon bald nach unserem Forum der Bereisten trafen sich, wie von uns angeregt, Vertreter der Regierung mit den Fischern vor Ort, um Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Situation zu besprechen, insbesondere den Bau eines Kühl- und Lagerhauses am Strand. Außerdem hat sich die Zusammenarbeit der Hotels mit der staatlichen Tourismusfachschule vor Ort intensiviert. Zum Beispiel können die Schüler jetzt Praktika in den Hotels und privaten Gästehäusern in Passekudah absolvieren und werden später in feste Arbeitsverhältnisse übernommen.“
Auch versuchen die Hotels, den Kindern der Fischerfamilien neue Arbeitsperspektiven zu bieten. Sie stellen den Fischerfamilien ihre Ausbildungsplätze vor, erläutern die Zukunftsperspektiven im Tourismus und versuchen, Vorurteile gegenüber einer Beschäftigung in den Hotels abzubauen. Die gibt es vor allem bei den Vätern, die Angst um den „Ruf“ ihrer Töchter haben, wenn diese im Tourismus arbeiten. Indem die diversen Hotels die Eltern zu einer Besichtigung und zu Informationsveranstaltungen einladen, ihnen Einblick in den Betrieb geben, versuchen sie, diesen Befürchtungen zu begegnen. Die Hotels selbst behandeln ihre Auszubildenden ordentlich, bieten ihnen in eigenen Gebäuden Unterkunft und Verpflegung und stellen sie auch das ganze Jahr über – und nicht nur saisonal, wie oft üblich – an.
Verbessert haben sich auch die Arbeitsbedingungen der lokalen staatlichen Tourismusfachschule. Sie verfügt jetzt über ausreichend Räumlichkeiten, die Lehrergehälter werden vom Staat getragen und es gibt weitergehende finanzielle und logistische Unterstützung durch eine kanadische Stiftung.
„Insgesamt“, so Hopfer-Kubsch, „kann man ein positives Resümee ziehen. Die Lage der Fischer, die Situation der Tourismusfachschule und die Angebote der Hotels für die Fischer, aber auch für die Bevölkerung haben sich verbessert. In wenigen Jahren sollen lokale Arbeitskräfte so auch Führungspositionen übernehmen können. Allerdings ist nicht alles eitel Sonnenschein. Beispielsweise ist die Auslastung der Hotels in Passekudah relativ gering. Eine Folge davon, dass der Transfer vom internationalen Flughafen in Colombo an den Ort an der Ostküste zwischen sechs und acht Stunden dauert. Man kann zwar auch von Colombo nach Baticaloa an der Ostküste fliegen, Flüge dorthin sind aber sehr teuer. Außerdem warten die Fischer immer noch auf den Bau des zugesagten Lager- und Kühlhauses.“ Grund genug also, bald wieder zu einem Studiosus-Forum in Passekudah einzuladen? „Vorerst ist kein weiteres Forum geplant“, sagt Hopfer-Kubsch. “Wir verfolgen die Situation aber weiterhin über unsere Reiseleiter vor Ort und hoffen, dass die positiven Entwicklungen, die wir anstoßen konnten, anhalten. Ein nächstes Forum wird es wohl erst wieder in zirka fünf Jahren geben. Denn hier braucht es Zeit, bis die Dinge zur Umsetzung gelangen.“
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Für sein erstes Forum auf Sri Lanka wurde Studiosus von der Zeitschrift GEO Saison auf der Internationalen Tourismusmesse ITB im März 2017 mit einer Goldenen Palme für soziale und ökologische Verantwortung im Tourismus ausgezeichnet.
Ruth Hopfer-Kubsch ist auch Geschäftsführerin der Studiosus Foundation e. V. In dieser Funktion hat sie bei ihrem Aufenthalt in Sri Lanka ein von Studiosus gefördertes Schulzentrum in Ahungalla besucht. Die Schule der one world foundation liegt im Süden der Insel. Die Studiosus Foundation e. V. unterstützt die Schule seit 2005 – zunächst beim Wiederaufbau der vom Tsunami zerstörten Schulgebäude. Dann übernahm die Studiosus Foundation e. V. die Einrichtung der Computerklassen und finanziert bis auf Weiteres die Lehrergehälter dafür.
„Ich war sehr stolz, als ich die Schule in Ahungalla besuchte“, berichtet Hopfer-Kubsch. „Alles macht einen sehr guten Eindruck. Mittlerweile nehmen mehr als 1100 Schülerinnen und Schüler am Unterricht teil. Die Schule genießt ein hohes Ansehen in der Region und die Abschlüsse sind staatlich anerkannt. Toll finde ich auch die Idee, den Müttern, die oft in der Schule warten, während ihre Kinder Englisch oder Computerunterricht haben, im Rahmen der ‚Womens’ Cooperation‘ in eigenen Seminaren fortzubilden. Sie lernen schneidern, stricken oder batiken und bekommen betriebswirtschaftliches Basiswissen vermittelt. So eröffnet sich ihnen die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen und eigenes Geld zu verdienen.“
Mehr Informationen über das Studiosus Förderprojekt finden Sie unter www.studiosus-foundation.org